Die Winterbilder des Pieter Bruegel liebe ich, besonders das eine, ich glaube, es ist mit „Die Heimkehr der Jäger“ betitelt. In meinem Geburtshaus, das später abbrannte, hing es im mit Bastmatten ausgekleideten Zimmer meiner Cousine. Auf dem Holzofen dampfte ein manchmal punschiger Tee, und man sprach von Dingen, von denen ich nie zuvor gehört hatte. Die andere Cousine sprach nur von Koteletts, Geld und Störfaktoren, Tratschgeschichten und „ja, watt glaubst DU denn?“, doch meine Lieblingsverwandte erzählte von den Cafes in Salzburg, vom Bauernmarkt, von geistigen Getränken, vom Großvater, der nicht mit auf die Beerdigung seines besten Freundes ging, sondern hinterm Vorhang dem Trauerzug zuschaute – viel später erfuhr ich den Grund. Ach, was rede ich. Unser alter Nachbar ist an C. gestorben, seine Frau kommt ins Pflegeheim. Nervenkostüme stark angerauht. Seltsame Beobachtungen bei den ersten zwei Videokonferenzen, die der Erstklässerenkel mitgemacht hat. Dass es sowas überhaupt gibt…All die Dinge im Kopf zusammenzukriegen, überhaupt, überall der Versuch, Menschen schuldig zu sprechen, weil sie einfach nur leben und das und das sagen, derweil nicht weiterwissen, stattdessen mehr und mehr einschränken wollen…
Vielleicht in den alten Stall gehen, Holz hacken, rumdenken dabei.-
9 Kommentare
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Januar 9, 2021 um 9:26 PM
Ulli
Seit Tagen denke ich immer wieder, dass die Welt zu einem Gerichtssaal geworden ist und jede und jeder richtet, be- und veruteilt, nein, das behagt mir nicht und ist auch nicht der Weg wie wir als Menschen auf diesem Planeten überleben und mit uns so viele Pflanzen, Bäume und Tiere wie möglich … Holzhacken ist immer gut!
Herzlichst, Ulli
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Januar 9, 2021 um 9:59 PM
gkazakou
„All die Dinge im Kopf zusammenkriegen“ – ja, Sonja. Und wir sind alte Haudegen, mit einigermaßen erhaltenem Denkvermögen und materieller Absicherung, haben auch einen Partner und vielleicht noch den und jenen Wie aber sollen Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten und Ressourcen diese Zeit überleben und leben?
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Januar 9, 2021 um 10:40 PM
Roswitha
mir tun meine enkelkinder leid, sie dürfen in einer entscheidenden phase kaum erfahrungen machen. und die schülerin- enkelin kann mit dem onlineunterricht nicht umgehen. wir können nichts tun außer manchmal spaß haben und zuversicht vermitteln. zusammenhocken und tratschen wäre wundervoll, in bruegels bild hineintauchen… fürsorge untereinander wäre wunderbar, blockwarte helfen nicht, nicht fehler bekämpfen, sondern etwas vom fehlenden ersetzen mit phantasie und gutem willen.
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Januar 10, 2021 um 6:57 AM
quersatzein
Rumdenken kannst du wunderbar – nicht nur im alten Stall.
Ach, der Enkel erlebt ihn gleich knüppelhart, den Ernst des Lebens…
Alles Gute für euch und lieben Gruss,
Brigitte
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Januar 10, 2021 um 7:00 AM
quersatzein
Übrigens: Dieses Bruegel-Bild hing bei uns in einem Klassenzimmer.
Ich erinnere mich noch so gut daran.
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Januar 10, 2021 um 12:37 PM
crocodylus
Bei uns war es im Deutschbuch, so als Lichtblick zwischen all den Texten. Ich mag es auch sehr.
Das Bewerten anderer Menschen, so als ob man das Recht zu richten hätte. Andere annehmen, wie sie sind, das ist die Kunst. Deshalb gebe ich so ungern Noten, die Zeugnisse sind eine Qual für mich. Unter großen Mühe muss manchmal einfach nur ausreichend stehen. Das Menschliche fehlt und ich versuche, es hineinzustopfen, wo es geht.
Die Grundschulzeugnisse sind in ihrer positiven Sprache auch wertend, nur eben nicht für alle verständlich.
Wie die Nachbarin mal kam und sich freute, dass im Zeugnis ihrer Tochter stand: „Sie bewegt sich sicher im Zahlenraum zwischen 1 und 10.“ Dabei waren die anderen schon bei 100.
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Januar 10, 2021 um 1:47 PM
muetzenfalterin
Nachdenken, bevor Urteile gefällt werden, um dann vielleicht bestenfalls zu erkennen, dass keine Urteile gefällt werden können, und in der Zwischenzeit Holz hacken, oder Bruegel Bilder ansehen; ich wünschte viel mehr Menschen würden das tun. (Ich liebe dieses Bild auch sehr, und finde Videokonferenzen für Erstklässler schlimm).
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Januar 10, 2021 um 4:28 PM
christahartwig
Seltsam. Eben, wie ich Deinen letzten Satz vom Holzhacken und Rumdenken lese, fällt mir die spanische Redensart ein, mit der ich vor fast 13 Jahren mit Bloggen angefangen habe – mein erster Eintrag überhaupt: en misa y repicando. In der Messe und beim Holzhacken. Das sagten sie in Spanien, wenn jemand zwei Dinge gleichzeitig wollte, die einander praktisch ausschlossen. Und sind wir nicht jetzt in genau so einer Situation?
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Januar 10, 2021 um 4:56 PM
mundanomaniac
„überhaupt, überall der Versuch, Menschen schuldig zu sprechen, weil sie einfach nur leben und das und das sagen, derweil nicht weiterwissen, stattdessen mehr und mehr einschränken wollen…“
Wildgans, du bist eine echte … mir aus der Seele. Es sind nach wie vor
die Schlangen, unter die wir geschickt sind,, daher
Matth. 10. 16 „Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe,
seid daher klug, wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!
Klug und arglos, sein wir – erwachsene – Kinder.
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