Ein alter Bildhauer wehrt sich mit Hilfe seiner Kampftochter gegen eine Art Inobhutnahme. In einem Pflegeheim, gewaltsam dorthin verfrachtet, soll er sediert und mundtot gemacht, schnell sterben. Mit ihm verfährt man nicht so. Sehr fein beschrieben von einem ehemaligen Arzt, der zu schreiben begann, irgendwann.
Peter Weibel: Mensch Keun.
Das andere Buch hat ein ähnliches Thema, wenn auch anders behandelt. Da ist eine kluge Frau sehr alt geworden und dabei in eine „poetische Verfassung“ geraten (ihr verstorbener, aber noch bunt beschriebener Gatte nannte ihre Demenz so!) Eine junge Buchhändlerin lebt nun mit Frau Dr. zusammen und erzählt unterhaltsam davon.
Martina Bergmann: Mein Leben mit Martha.
Übrigens hatte ich eine Großtante mit ebendiesem Namen, Schwester meiner ungeratenen Oma. Sie lud gerne Leute zu sich ein zum Karten spielen, miteinander rauchen und reden. Beim Essen auftragen und jedem Umhergehen furzte sie laut wie ein Pferd, merkte es nicht, roch es nicht, weil sie halt schon in einer poetischen Verfassung war, zumindest ein bisschen.
8 Kommentare
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April 24, 2019 um 11:50 AM
gkazakou
Martha ist, nebenbei, mein Zweitname, von der Oma geerbt. „Martha Martha du verschwandest und mit dir mein Portemonnaie“ lernte ich von ihr, Sie war voll solcher Sprüche aus ihrer Zeit im Lyzeum für junge Damen (so um die vorige Jahrhundertwende). Ob ich wohl, falls ich in eine „poetische Verfassung“ gerate, eine wohlmeinende Begleiterin haben werde? Das sind so Gedanken.
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April 25, 2019 um 1:04 PM
wildgans
Das sind so Gedanken…da sagste was!
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April 24, 2019 um 3:00 PM
puzzleblume
„Poetische Verfassung“ ist tatsächlich ein Wort, das gefällt, so ein Gegenentwurf zum morbiden Verfallsstatus tut auch wirklich not.
Die von Gerda angeführete Verschwinde-Martha passt ohne Portemonnaie auch recht gut dazu, so ein bisschen Verschwinden und Weglassen gehört schliesslich zur Poesie dazu.
Ausserdem hat meine Mutter (*1927) das auch gern zitiert, ihrerseits wieder aus dem unendlichen Schatz ihres Vaters schöpfend, der wohl die ganze Schellackplattensammlung auswendig kannte, nicht nur mit Lalala, sonder Text. Ausserdem füge ich noch die in der Familie beliebte Anwort auf eine kindliche Frage „Wie heisst dieser Pilz?“ hinzu, denn die hiessen, bevor der richtige Name folgte, immer und jedesmal „Emma, Frieda, Martha Pilz“, natürlich.
Sich die Freiheit zum Furzen zu nehmen, eine Kunstform, die Jünglinge zusammen mit Rülpsen auch gern in der Gruppe üben, bis sie es vierstimmig können und sich die Gelungensten zuwedeln, und später ihren Enkeln noch Furzgeschichten von längst verloschenen Lagerfeuern erzählen, gehört vielleicht dazu, wenn man sich in späteren Jahren auch die Katzenhärchen vom Kinn zupfen und auf anderes zart Gefälliges zunehmend verzichten muss.
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April 25, 2019 um 1:07 PM
wildgans
Schöner Narrativkommentar, so eigenwillig, Katzenhärchen und so…
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April 24, 2019 um 8:57 PM
Geschichten und Meer
„Poetische Verfassung“ klingt sehr viel schöner als Demenz. Ich hoffe, ich vergesse das nicht, wenn ich mal selbst in poetischer Verfassung bin.
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April 25, 2019 um 1:07 PM
wildgans
Ja, nicht vergessen. Vielleicht auch mal das schöne Buch dazu lesen!
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April 24, 2019 um 10:46 PM
Herr Ärmel
Flotows Martha….ja, ja…
Abendgruss von der singenden Fähre (mit g !)
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April 25, 2019 um 1:09 PM
wildgans
Dazu fehlen mir die passenden Worte, echt jetzt.
Gruß vom Rande der eher seltenen Selzuferbeböschungen
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