In der Gesprächsrunde unterm Nussbaum gab es eine ruhige Stelle, keiner sagt was, mir fällt dieses Tier in der Kneipe ein: Schweine können nicht rückwärts gehen, wisst Ihr das? Menschenskinder, wo sah ich das bloß? – Die eine Kaffeetante weiß es. In der Böttingerbüchersendung. Da waren die in so`ner Ruhrgebietskneipe und das Schwein war hintern Tresen gelaufen, konnte nicht drehen und nicht rückwärts gehen. Die schmächtige Wirtin muss wie ein Kraftprotz gehoben haben. Vielleicht war auch grad einer da, der beim Schweindrehen half.
Egal.
Heute kam die halbleere, halb noch volle Sektflasche auf den Kompost, was die Tierchen so nicht wollten dorten. Egal. Ameisen verbissen sich trunken in Würmer, die schwankten übers Holzgeländer, wo ansonsten die Marmeladebrocken hängen.
Zweimal wurde ob der Schauer ein Reinrausgehtragefest veranstaltet. Gelächter, Gekreisch. Wie das Weibsvolk so ist.
Halt, der alte Vater war dabei, erblickte drinnen Teile meiner Stiftesammlung in Gläsern oder Becherchen – wir merkten potztausend von gleicher Leidenschaft. Er verhielt sich weiterhin ruhig, versuchte gar kleine Gespräche mit dem Urenkel. Er ist nicht mehr Tyrann der kleinen Töchter. Ein liebenswürdiger älterer Herr. Was aus uns noch alles wird, ich staune. Möglicherweise schwebt das Lebensende in Gänsehautsamthäuten um uns herum. Die eine Freundin ist in ihrem ersten Witwenjahr arg „weniger“ geworden, sie trauert und trauert und wird immer häufleinelendiger. Nichtsdestotrotz geht sie jeden Morgen um sieben Uhr einige Runden schwimmen mit Dauerkarte. Vielleicht hilft ihr das wieder auf die Beine. Gestern hat sie lange still geschaut.
Gesprächsrundenschweigeminuten müssen nicht unbedingt mit Rückwärtstiergang gefüllt werden, im Nussbaum hingen existenzielle Fragen zuhauf! Manchmal tropfte eine runter. –
7 Kommentare
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Juli 13, 2017 um 8:18 AM
karfunkelfee
Wie? Schweine haben keinen Rückwärtsgang? Mich wundert das sehr. Sollten die Wissenschafter da etwa so fundamentale Fragen nach den Versäumnissen der Natur am Schweinethyr übersehen haben? Luchsaugen könnte das Schwein auch noch gut brauchen, eine überaus feine Nase hat es ja schon. Kuhhörner für die eierlegende Wollmilchsau hätten zuchttechnisch Vorrang vor einem Rückwärtsgang, das Viech ließe sich viel besser dran packen und manövrieren.
Tropfendes Schweigen kann manchmal besser sein als Weibsgekreisch, vor allem wenn durch das Getue eine Gänsesamthaut übersehen werden könnte und was für ein Wort! Sowas lebt doch niemals wirklich ab, das will doch bekostbahrt werden über die Zeiten. Wann war nochmal Sommer und vor allem wo nochmal? Heiter die Wolljacke enger gezogen, in Norwegen sind nur elf Grad und Dauerreegen seit vier Wochen erfuhr ich gestern. Eine Runde Mitgefühl für die armen Norweger in ihrem Kurzskandinaviensommer.
Eine azürne Schillerschwebbelle zu Dir am Morgen rübergegondelt, frisch vom schwippschwappvollen Ententeich und liebe Grüße von der Fee✨
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Juli 13, 2017 um 9:51 AM
wildgans
Die an ihrer Master-Arbeit über Blogs sitzen, dürfen sich an Deinen Kommentaren die Zähne ausbeißen 🙂
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Juli 13, 2017 um 10:00 AM
karfunkelfee
Duuuu…bist das aber doch, die diese Verrücktheiten aus mir herausholt. Sollen die anderen doch denken was sie wollen. Schweine sind ganz tolle intelligente Tiere. Das arme Viech hinter der Theke…sie erschrecken doch so schnell! Die Wirtin kann froh sein, dass das Schwein nicht vor Schreck in Ohnmacht gefallen ist, das sind sensible Tiere, die Schweine.
Siehst Du?
Es geht schon wieder los.
Texttieftauchen.
Himmlisch…Danke immer wieder dafür!✨
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Juli 13, 2017 um 12:16 PM
Myriade
Mit anderen Worten: gute Gespräche mit schweinischen Unterbrechungen 🙂
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Juli 13, 2017 um 2:46 PM
Rosi
Der alte Vater hat sich heute mein verwaistes Hollandrad geholt. Er will es sich wieder herrichten. Ich trau mich nicht mehr, er wohl 😁
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Juli 13, 2017 um 2:57 PM
sylvia
dank für die dauerkarte zu deinem blog samt gänsehautsamthäuten, reinrausgehtragefesten und besoffenen a-meisen, ach! dank für die prachtvollen schilderungen mit marmeladebrocken und und und. es lebt sich wild und munter zuweilen und manchmal mit einem dreckigen frohen grinsen…
grüßele ohne jeden umärmelungsversuch
Sylvia
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Juli 14, 2017 um 12:03 AM
sabeth47
Dieser Satz gefällt mir besonders aus dem heutigen Eintrag:
„Im Nussbaum hingen existentielle Fragen“
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