Mir ist nach ruhigem Wandeln in stillen Museumsräumen, nach großen, zarten, beinahe durchsichtigen Tassen, in denen auf heißem Jasmintee ein paar Blüten schwimmen. Heute früh war unser Kopfsteinpflaster im Hof rutschig wie sonst nie, von Haus zu Haus streuten wir eine hauchig braune Spur von Kachelofenasche. Hinknallen im Omialter ist gefährlich, deshalb der Enkelkleinschrittrutschlachgang. Dorfschornsteine rauchen, die Eisweinkelter beim Nachbarn rauscht, sogar immerzu, er muss eine hinlängliche Ernte gehabt haben.
Müßige Überlegungen treffen ab und zu ein, beispielsweise die, warum meine Mutter in ungefähr meinem jetzigen Alter ein von mir dargebrachtes Buchgeschenk vor dem Vater versteckte. Es ging um eine Politikersgattin, die zuerst blaue Augen und später die Scheidung bekam, weil sie endlich ein „Ich“ sein wollte. So lange ist das her, dennoch im „Archiv“. Ich rechne es mal der tümelnden Zeit zu, wenn die vorbei ist, wird sich solch ungelegen kommendes Zeug wieder fein verflüchtigen. Ich meine, was soll das? Zu dieser Unterhaltung mit mir selbst mache ich nun einen dünnen Bittermund – um so schneller geht das Vergessen. Dazu kratze ich mir den Rücken mit einem bemoosten Nussbaumstöckchen und verspeise eine erlesene Feinpraline. Klappt gut!
18 Kommentare
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Dezember 6, 2016 um 2:25 PM
kopfundgestalt
Schöne Erinnerungen.
Meine Mutter bekam entspr. Hefte von ihrer Schwester zugesteckt, damit sie auf Trab käme…
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Dezember 6, 2016 um 4:24 PM
wildgans
Auf Trab heißt in dem Falle?
Willkommen hier mit Gruß
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Dezember 6, 2016 um 6:21 PM
kopfundgestalt
ihrem Ehemann genügen…
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Dezember 9, 2016 um 2:05 PM
wildgans
Ach so – und ich dachte, damit sie sich endlich emanzipiere!
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Dezember 6, 2016 um 2:30 PM
Herr Ärmel
Erlesene Feinstpralinèes zu goutieren ist ungemein anregend. Wobei, eine Madeleine zum Karameltee würde ich derzeit vorziehen.
Dabei trinke ich garkeinen Karameltee.
Liebe Frau Wildgans, Ihre Beiträge scheinen ungeheure Triebkräfte zu beinhalten.
Nachmittagsgruss von der Fähre
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Dezember 6, 2016 um 4:28 PM
wildgans
Och, ich will mal bescheiden bleiben, wäre mein Name doch beinahe gebäckstückartig in Richtung Madelaine gegangen…ungeheure Triebkraftgrüsse von gegenüber der Eisweinkelterstation
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Dezember 6, 2016 um 3:10 PM
Rosi
Köstlich, Deine Verarbeitungsmethoden 🙂
Sag mal, laufen hier kleine weiße Pünktchen herum oder habe ich Mouches volantes?
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Dezember 6, 2016 um 4:29 PM
wildgans
Ey, Frau, das sind doch wordpress-Schneeflöckelscher!
Danke für die köstlichen Verarbeitungsmethoden, leider darf ich Schnaps nicht mehr, auch keine Cognacböhnchen…
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Dezember 6, 2016 um 3:15 PM
Graugans
Selbstverständlich gefällt mir auch dieser Dein Text…darüber hinaus tät ich Deine elektronische Adresse suchen, find sie aber nicht…bitte bitte kannste nicht einfach so aus der Hüfte heraus mir eine Deiner sicher unzählig vorhandenen „Mutmaßungen über dieLiebe“ zuschicken, würd mich echt soooo freuen, weißte doch!!! Viele liebe Grüße zu Dir an den Großen Fluss!
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Dezember 6, 2016 um 4:35 PM
wildgans
Über Liebe mutmaße ich kaum, schon gar nicht aus der Hüfte heraus, haben doch meine Lebens-Liebes-Gedanken gerade eine Dürrephase von noch nicht bekanntem Ausmaß. Es wird zwar alles wieder kommen, doch wer weiß, in was für einer Gemengelage, so zwischen Rotem und Toten Meer…?
Nichts für ungut, Frau Graugans, Sie kommen damit schon klar, Sie haben doch bereitwilligen Zulauf!
Gruß von der unberechenbaren Wildfangsgans
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Dezember 6, 2016 um 4:39 PM
Myriade
Der Liebe bekommt es ohnehin nicht, wenn man allzuviel über sie mutmaßt …..
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Dezember 6, 2016 um 3:30 PM
karfunkelfee
Mein Lieblingswort in diesem vollkörperlichen Erinnerungstext mit feinpralinigem Abgang?
Noch Schoki auf der Zunge:
tümeln….
tümelnde Zeit
Sowas Schönes Tümeliges…
Was für ein Wort.
Einfach zum Liebhaben.
Liebe Grüße aus dem knackekalten Teuto
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Dezember 6, 2016 um 4:36 PM
wildgans
Wie schon Karl Valentin meinte: Wenn die stille Zeit vorüber ist, wird es endlich wieder ruhig 🙂
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Dezember 6, 2016 um 4:41 PM
karfunkelfee
Karl Valentin ist einer meiner Helden. Er war so klug!👌✨
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Dezember 6, 2016 um 4:37 PM
Myriade
Ich weiß ja gar nicht, wie du aussiehst, sehe dich aber deutlich vor mir, mit diesem bemoosten Nussbaumstöckchen philosophisch kratzend, die Praline schwungvoll in den Mund werfend und dann, nach einer eleganten Drehung über den beaschten Weg zurückschreitend. Ich sehe da so ein Bild vor mir von einer Königin aus einem Computerschachspiel, die wenn sie von einem Feld aufs andere gezogen ist, ihre Schleppe schwungvoll mitgenommen hat. Wahrscheinlich heißt sie Sonja, die Erste 🙂
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Dezember 9, 2016 um 2:07 PM
wildgans
Diese Sichtweise gefällt mir! Allerdings schreite ich keine beaschten Wege, sondern tripple vorsichtig schmalspurig dort entlang….
Danke und Gruß
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Dezember 7, 2016 um 5:25 PM
sylvia
kachelofenasche kachelofenasche das wort gefällt mir außerordentlich, genau wie die ganze ruhig gewandelte darbringung des adventlichen alltags…
lieber gruß, mit http,
Sylvia
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Dezember 9, 2016 um 2:09 PM
wildgans
Hasch mich bei Glatteis mit Kachelofenasche…solche Sätze wären auszubauen – lach!
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