Kurzbiographie

 

In Enge und Not bin ich aufgewachsen,

aber ich hatte genug zum Staunen,

ehe man mir das Kritteln beibrachte;

ich zehr davon heut noch fürs Überleben.

 

Um die Schlafjahre, die ich mir abstehlen mußte

zum Bücherlesen, zum Lernen und Schreiben,

bin ich früher gealtert als andre

und jünger geblieben mit grauem Haar.

 

Auch ich hab mich gegen das Unrecht empört –

und viel zu viel selber angerichtet.

Als ich das einzusehen begann,

hätt ich beinahe das Lachen verlernt,

gäb es nicht immer noch Kinder und Katzen.

 

Ich hab mit Gewinn und Verlust geliebt

und immer nur sehr genau kalkuliert,

ob es für Obdach und Brot noch langte.

(Zum Betteln hat`s mir an Demut gefehlt.)

 

Manchmal wär ich gern tüchtig gewesen,

um es den Freunden zu erleichtern,

auf mich auch ein bißchen stolz zu sein,

leider ist daraus nichts geworden.

Einige blieben mir trotzdem treu.

 

Alles in allem habe ich dankbar

gelebt, auch wenn es mich so erschöpft hat,

daß ich oft schon aufgeben wollte.

 

Einiges hab ich ausgekostet

bis zur bitteren Neige der Schuld.

Aber sie hat mich wach gehalten –

auch für die Augenblicke der Gnade.

 

Manchmal, wenn ich auf blinder Haut noch

das tägliche Licht als Ereignis spüre,

bin ich wieder der erste Mensch.

 

(Christine Busta. In: So jung wie die Hoffnung. Gedichte und Geschichten vom Älterwerden. Hrsg.: Andrea Wüstner. Reclam Stuttgart 2012)