Auf dieser Erde
Zwei Pferde gingen bekümmert
im Gänsemarsch durch den Schnee.
Sie traten in ein Gartenhaus,
das hatten sie selber gezimmert.
Dort zogen sie ihre Halfter aus
und tranken Kaffee.
Doch unter dem Deckel der Zuckerdose
fanden sie keine süßen Brocken,
fanden sie eine Herbstzeitlose
mit angezogenen Knien hocken
(sie hatte sich vor dem Frost verkrochen
und sah nun mit blaßlila Augen her).
Ich kann nicht mehr,
sagte das eine der Pferde,
es ist alles so Winter auf dieser Erde.
(Josef Guggenmos. In: Die Meisengeige. Zeitgenössische Nonsensverse. Hrsg. von G.B. Fuchs. Fischer Bücherei Frankfurt 1968)
20 Kommentare
Comments feed for this article
November 26, 2014 um 6:54 AM
Iris
Wunderbar, dieser Guggenmos. 🙂
LikeLike
November 26, 2014 um 1:50 PM
wildgans
Offensichtlich kennt Frau Blütenblatt mehr von ihm!?
LikeLike
November 27, 2014 um 10:46 AM
Iris
Na klar! Ganz tolle Kindergedichte, aber auch alles andere mag ich. Klug und voll freier Phantasie.
LikeLike
November 26, 2014 um 8:33 AM
Sylvia Hubele
Aber Pferde dürfen doch gar keine Herbstzeitlose… 😉
LikeLike
November 26, 2014 um 1:51 PM
wildgans
Sobald etwas „Dichtung“ ist dürfen alle alles 🙂
LikeLike
November 26, 2014 um 8:39 AM
Gerel Calow-Demerath
Tollschön! Sollte mir eingefallen sein, denn ich bin gerade bei Pflanzen-Versen, d.h. „Archillesverse“ ist mein Arbeitstitel.
Lb. Gruß Gerel
LikeLike
November 26, 2014 um 1:51 PM
wildgans
„Arbeitstitel“ hört sich vielversprechend an 🙂
LikeLike
November 26, 2014 um 9:02 PM
Gerel Calow-Demerath
Soll es auch: Arch = archaisch – Achillesferse = empfindliche Stelle – Verse muss nichts anderes als Vers sein!
LikeLike
November 26, 2014 um 9:48 AM
Clara Himmelhoch
Deine gewählte Überschrift finde ich mindestens genau so gut wie den Text.
LikeLike
November 26, 2014 um 1:52 PM
wildgans
Danke- ich gebe mir manchmal ganz viel, manchmal überhaupt keine Mühe beim Er-/Finden einer Überschrift!
LikeLike
November 26, 2014 um 3:37 PM
Clara Himmelhoch
Nun sage aber nicht, dass diese in die letztere Kategorie fällt!
LikeLike
November 26, 2014 um 10:05 AM
karfunkelfee
Meine Tochter und meine Lesekinder lieben die Guggemos-Gedichte.
Eins gibt es immer mit auf den Nachhauseweg oder auf den Weg ins Bett.
Ohne Guggemos…
Nix los…
Was machte ich ohne ihn
bloß…?
LikeLike
November 26, 2014 um 1:54 PM
wildgans
Schön!
Was sind „Lesekinder“ ?
LikeLike
November 26, 2014 um 2:29 PM
karfunkelfee
Ich begleite eine Grundschulklasse als Lesemutter…
Es ist spannend, Kinder über einen Zeitraum von Jahren mitzuerleben und wie sie sich entwickeln.
Das ist meine zweite Klasse.
Die erste begleitete ich drei Jahre lang, Gemischtestes vorlesend und die Kinder lieben das Schulprojekt,
einmal durfte ich ein Theaterprojekt Regieanweisungen gebend, soufflierend und Textstellen (Nein, den Robin küssichniemalsnich…ihgitt…)
diskutierend…mit einstudieren helfen und das alles macht den Kids und mir viel Freude…
😊
LikeLike
November 26, 2014 um 5:08 PM
wildgans
Danke, nun weiß ich Bescheid. Ich als Klassenlehrerin (immer 3. und 4. Klasse) sah die Kinder von einer anderen Warte- doch es gab auch wunderbare Stunden- und in jeder Frühstückspause habe ich vorgelesen- oft aus den tollen Büchern von Andreas Steinhöfel!
LikeGefällt 1 Person
November 26, 2014 um 8:44 PM
karfunkelfee
…tja…manchmal möchte man so gern und dann liegt die Tochter krank im Bett und sowas wird verpasst:
http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/uniaktuell/entry/bielefelder_poet_in_residence_andreas
Am Montag liest Max Goldt im Theater am Alten Markt…den habe ich mir als nächsten ausgespäht, doch den Andreas Steinhöfel hätte ich auch gern lesen gehört…
Lehrerin…?
Uiiiii….deswegen das Kinderbücherwissen😉
Ich kenne noch zu wenige, suche meine Titel in den Jugendliteraturpreislisten und Internetbücherecken, spähe überall herum und wenn ich was gefunden habe (und ich finde meistens irgendeine schöne Perle…), wird es gebraucht erworben für ganz kleines Geld. So wächst langsam ubd stetig eine kleine feine Kinderbibliothek im Kinderkönigreich heran und kämpft mit den altehrwürdigen Lyrikern und den Philosophen um mehr Platz…
Ich denke, wenn ich mich von einigen irgendwann mal trennen muss (meistens muss Prosa dran glauben…), geb ich sie der Schule für die Bücherei, dann machen sie noch anderen Kids Freude.
Doch vorerst ist noch Platz genug für ein paar Schätzchen.
Ganz oben auf meiner Wunschliste steht Daniil Charms mit seinen ‚Seltsamen Seiten‘.
Er ist ein durchgeknallter russischer Poet, die Kinder mögen ihn sehr und ich sowieso…er ist sehr besonders.
Das Buch ist vergriffen, doch ich lauere auf eine Gelegenheit und irgendwann finde ich ihn…
Bis dahin leihe ich ihn in der Bücherei aus.
😊
LikeLike
November 26, 2014 um 9:22 PM
wildgans
LikeLike
November 26, 2014 um 3:32 PM
quersatzein
Einzigartig, der Guggenmos-Text – und die Kommentare sind auch wunderbar spannend!
Mir gefällt besonders, wie die Pferde im (Wild-) Gänsemarsch… 🙂
LikeLike
November 26, 2014 um 5:09 PM
wildgans
Ja, schöne Gedichtdichtgespräche, so im Ansatz 🙂
LikeLike
Juni 4, 2018 um 7:18 AM
Von geschenkten Sätzen: Ist das Leben nicht schrecklich schön? |
[…] kann nicht mehr“, lernte ich dann von den Pferden, die bekümmert im Gänsemarsch durch den Schnee liefen. „Es ist alles so Winter auf dieser […]
LikeLike